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„Nach der Saison ist vor der Saison!“ Zugegeben, dieser Kalenderspruch klingt trivial, ist aber für engagierte Radsportler von entscheidender Bedeutung. Heißt es doch nichts anderes, als dass im Winter das Fundament für deine nächste Radsaison im Frühjahr gelegt wird. Das Training in der „Off-Saison“ bietet die Chance, mit einem überschaubaren Formverlust – und einem hohen Maß an Gesundheit – in die kommende Saison zu starten. Somit bist du für die steigenden Umfänge und Intensitäten auf dem Rad im Frühjahr exzellent präpariert. Und kannst im Frühling direkt losstarten. Wir haben bei Matthias Laar, Dipl. Sportwissenschaftler, staatlich geprüfter Sport- & Gymnastiklehrer und Experte für radergonomische Fragestellungen nachgefragt – hier sind die wichtigsten Tipps fürs Wintertraining von SportWissenschaft Oberland®

Wer sein Wintertraining zu 100% individuell gestalten möchte, sollte seine Radsaison Revue passieren lassen (= Trainingsaufzeichnungen checken) und seine Defizite klar benennen. Dadurch lassen sich entsprechende Trainingsmaßnahmen zusammenstellen, um seine Defizite für die nächste Saison zu reduzieren. Oder mit etwas Disziplin sogar auszumerzen – natürlich ohne dabei die persönlichen Stärken zu minimieren. Die Zusammenarbeit mit Sportmedizinern und professionellen Trainingsexperten kann hier zusätzlich viel konstruktives Licht ins Dunkel bringen.

Top 3 Tipps für effektives Wintertraining

Wem das etwas zu komplex und analytisch ist, der kann aber auch einer Handvoll pauschalen Tipps und ein paar einfachen Empfehlungen folgen. Denn letztlich sind bei Radsportlern gewisse Muster stark verbreitet. Hier sind unsere Top 3 Tipps für effektives Wintertraining:

  • Höchste Priorität: Gesundheitliche Aspekte

Im Winter ist es definitiv Zeit für Körperpflege und Regeneration – und zwar im Sinne eines gezielten Ausgleichstrainings. Zentral sind hier die funktionelle Mobilisation als auch statische und dynamische Stabilisation von Gelenk- bzw. Muskelketten, die beim Radfahren entweder ganz besonders – oder eben sehr gering – beansprucht werden.

Eine klare Empfehlung: Mind. 2x pro Woche Yoga! Es vereint in seinen Übungen Mobilität und Stabilität zugleich. Erst recht, wenn im Laufe der vergangenen Saison Rückenschmerzen, Knieprobleme, Nackenverspannungen & Co. auf dem Rad aufgetaucht sind.

SWO Bikefitting © Andreas Mayer
Bikefitting mit Matthias Laar im SportWissenschaft Oberland Radlabor. © Andreas Mayer

In diesem Fall ist es zudem ein guter Zeitpunkt die Sitzposition bei einem professionellen Bikefitter kontrollieren und den körperlichen Gegebenheiten individuell anpassen zu lassen. Mit den perfekten Einstellungen können etlichen Problemen bereits vorab entgegengesteuert werden.

SportWissenschaft Oberland Bikefitting © Andreas Mayer
Mit professionellem Bikefitting kann man etwa falsche Sitzpositionen ausmerzen. © Andreas Mayer / SportWissenschaft Oberland
  • Training der leistungsrelevanten Faktoren: Kraft & Ausdauer

Da im Winter in der Regel weniger Umfänge realisiert werden, können die frei gewordenen zeitlichen Ressourcen für ein (mindestens) 12-wöchiges Krafttraining (2x pro Woche) genutzt werden. Das klare Ziel ist die Verbesserung der Maximalkraft in den unteren Extremitäten. Die zwei zentralen Trainingsübungen dafür sind ganz einfach:

  1. Tiefkniebeugen (Deep Squat)
  2. Kreuzheben (Deadlift)

Selbstverständlich müssen die Voraussetzungen für diese Übungen vorhanden sein: Eine absolut saubere technische Ausführung, ausreichend Mobilität in Hüfte, Knie, Sprunggelenk und Schultern, als auch die nötige Stabilität zur Sicherung der Beinachsen, des Körperkerns und des Rückens. Im Zweifelsfall lässt man sich von professionellen Trainern unterstützen.  Da die beiden Übungen in vielen Varianten (Empfehlung: einbeinig!) umsetzbar sind, sollten alle Aktiven eine umsetzbare Variante für sich finden können.

Matthias Laar Lauftraining © Christina Kulling
„Ausdauertraining bleibt auch im Winter ein Kern des gesamten Trainings.“ so Experte Matthias Laar. © Christina Kulling

Das Ausdauertraining bleibt auch im Winter ein Kern des gesamten Trainings. Auf Grund der winterlichen Bedingungen in vielen Regionen, werden die Radumfänge bei vielen Aktiven deutlich sinken. Eine sogenannte „polarisierte Trainingszusammensetzung“ bietet sich hier an. Dies bedeutet konkret:

10-20% der Ausdauertrainingszeit werden kurze, hochintensive Einheiten bis zu 90min. (High Intensity Training = HIT) auf dem Rad oder Rollentrainer (2x pro Woche) absolviert. Das Ziel: Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) erhalten oder sogar steigern.

80-90% der Ausdauertrainingszeit werden dagegen mit langen, lockeren Einheiten (Low Intensity Training = LIT) verbracht. Diese können mit Schneeschuhen, auf Langlauf-, Touren-Ski oder in den Laufschuhen absolviert werden. Dies stellt nicht nur einen ausgeprägten Fettstoffwechsel sicher, sondern sorgt auch für eine motorische Abwechslung.

SportWissenschaft Oberland Leistungsdiagnostik © Christina Kulling
Leistungsdiagnostik – ein Top-Tool sowohl für Hochleistungs- als auch für Hobbysportler. © Christina Kulling
  • Radspezifisches Techniktraining

Die Arbeit an den technischen Fertigkeiten bietet sich im Winter geradezu an. Mit dem Gravel-, Cyclocross- oder Mountainbike über winterliche Trails und Straßen zu ballern macht tierisch Spaß und verbessert die Radbeherrschung ungemein. Vor allem reicht für so einen Ausflug oft schon eine Stunde Zeit. Dann ist der Kopf eh müde.

Alternativ: Am Wochenende ab und an ein Cyclocross-Rennen mitfahren. Das wäre dann die optimale Kombination aus High Intensity Training und Techniktraining.

Zur Person:

PMatthias Laar ©SportWissenschaft Oberland

Matthias Laar ist Dipl. Sportwissenschaftler und staatlich geprüfter Sport- & Gymnastiklehrer. Dank seiner jahrzehntelangen Erfahrung ist er in der Lage, vor allem Ausdauersportlern sehr breitgefächert in den vielen Fragestellung des Sports zur Seite zu stehen. Der Experte für radergonomische Fragestellungen mit über 20 Jahre praktische trainingswissenschaftliche und leistungsdiagnostische Erfahrung im Ausdauersport und im funktionellen Training bietet unabhängig ob Einsteiger oder Hochleistungssportler, individuelle, persönliche und professionelle Beratung im SportWissenschaft Oberland® Radlabor – inkl. Satteldruckmessung, modernste 360°- Leistungsdiagnostik by INSCYD sowie Motion Capture – Bikefitting.