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Umgeben von der einzigartigen Naturkulisse der Dolomiten in der abgelegenen Region Alta Badia lebt, arbeitet und biket der gebürtige Südtiroler Klaus Irsara. Der Hotelinhaber und leidenschaftliche Radfahrer führt seine Gäste sogar zu den schönsten Touren und Pässen seiner Heimatregion – und verrät uns ein paar seiner Lieblingsstrecken, warum ihn rasante Rennradtouren entschleunigen und welcher Reiz für ihn im staubigen Offroad-Abenteuer steckt.


Ob Mountainbiken, Graveln oder Rennrad – Klaus Irsara ist Radfahrer aus Leidenschaft und liebt die Vielfalt. Die Liebe zum Zweirad spiegelt sich auch in seinem Hotel Melodia del Bosco in Alta Badia wider: Inmitten der Dolomiten beherbergt er vorrangig begeisterte Radfahrer und schwingt sich sogar selbst mit ihnen in den Fahrradsattel, um ihnen die Highlight-Strecken in den Dolomiten zu zeigen. Welche das sind und warum die Dolomiten – wider Erwarten einiger Einheimischer – die perfekte Gravel-Region sind, erzählt Klaus uns im Interview.

Hallo Klaus und danke, dass du dir Zeit für ein Gespräch mit uns nimmst! Möchtest du dich zu Beginn einmal selbst vorstellen?

Gerne! Mein Name ist Klaus Irsara und ich komme aus Alta Badia in Südtirol – mitten in den Dolomiten. Ich bin hier geboren und aufgewachsen und kenne die Region deshalb ziemlich gut. Außerdem bin ich Inhaber des Hotels Melodia del Bosco in Alta Badia und kümmere mich um alles was gerade so anfällt.

Das Melodia del Bosco ist ja kein gewöhnliches Hotel, sondern ein Bike-Hotel. Warst du denn schon immer begeisterter Radfahrer?

Gelernt habe ich das Radfahren als Kind ganz gewöhnlich auf einem Parkplatz – auch in Alta Badia starten wir nicht gleich im Kindesalter mit einer Tour durch die Dolomiten. Als ich dann studieren ging und Alta Badia für eine Zeit lang verließ, rückte auch das Radfahren etwas in den Hintergrund. Ich war aber immer recht sportlich und seit wir unser Hotel 2010 so stark auf Biker ausgelegt haben, fahre ich immer mehr. Ich liebe es, draußen zu sein, die Freiheit zu erleben und Neues erkunden zu können!

Was bedeutet das Radfahren für dich?

Zum einen ist es ein guter Weg, um die Balance zwischen Alltag und Freiheit zu halten. Alles in unserem Leben bewegt sich so schnell und wir stehen sehr oft unter Druck. Auf dem Fahrrad kann man zwar auch versuchen, schnell zu fahren, aber im Vergleich zum täglichen Leben bewegt man sich immer noch langsam voran – das Fahrradfahren entschleunigt einfach. Eine Tour auf dem Rennrad oder Gravelbike ist auch nichts, das man mal eben in einer Stunde macht. Man muss sich bewusst Zeit dafür und für sich nehmen. Für mich ist das Radfahren die perfekte Methode, um abzuschalten.

Du legst dich ja nicht auf ein Bike fest, sondern nutzt das Mountainbike genauso wie das Rennrad und das Gravelbike. Auf welchem Rad bist du am liebsten unterwegs?

Am häufigsten trete ich eigentlich auf dem Rennrad in die Pedale, da sich Alta Badia dafür wirklich perfekt anbietet und auch der Großteil meiner Freunde auf dem Rennrad unterwegs ist. Aber mir gefällt auch das Graveln sehr gut und auch das Mountainbiken mag ich gerne – ich liebe einfach die Abwechslung. Wir haben hier bei uns den Luxus, alle drei Stile ausleben zu können. Es hängt eigentlich immer ein bisschen von der Zeit und dem Wetter ab, welches Bike ich auswähle. Manchmal will ich mit dem Rennrad über die Pässe Alta Badias jagen und manchmal stürze ich mich lieber die abgelegenen Singletrails hinunter.

Auch mit deinen Gästen?

Ja, manchmal fahre ich nur einmal die Woche, teilweise auch dreimal die Woche mit unseren radaffinen Hotelgästen durch Alta Badia. Es kommt auch immer darauf an, wie ausgelastet unsere Guides gerade sind und ob sie Unterstützung brauchen. Ich habe kein genaues Programm, wann ich welche Strecken mit welchen Gästen fahre – das halte ich mir gerne offen. Wenn alles genau geplant ist, geht ja auch der Spaß an der Sache verloren. Darum bleibe ich gerne spontan.

Was magst du daran, mit deinen Gästen zu biken?

Ich bin generell sehr gerne unter Leuten und mag den persönlichen Kontakt mit den Gästen. Es ist auch einfach ein Unterschied, ob man als Hotelier im Hotel ist oder als Biker gemeinsam mit den Besuchern durch die Region fährt. Das ist ein ganz anderes Verhältnis zum Gast – ein viel Schöneres, weil man mehr auf demselben Level ist. Außerdem fahre ich auch einfach gerne – damit verbinde ich Arbeit und Leidenschaft.

Gibt es Touren, auf die du deine Gäste besonders gerne entführst?

Es ist schwer, mich auf eine Lieblingsstrecke festzulegen, weil ich die Abwechslung so gerne mag. Manchmal fahre ich kurze Strecken, manchmal lange. An einem Tag will ich eine steile Tour, am nächsten lieber etwas Einfacheres. Da bin ich nicht heikel. Was ich aber auf gar keinen Fall mache, ist, immer dasselbe zu fahren, denn die Vielfältigkeit ist für mich beim Radfahren das Allerwichtigste.

Nun wird Alta Badia aber auch als das Königreich der Pässe bezeichnet – deinen Lieblingspass musst du uns also schon verraten!

Auch das ist schwierig, weil es so viele schöne Pässe gibt! Was natürlich sehr schön ist, ist die Sella Ronda, bei der man gleich vier Pässe – nämlich Passo Sella, Passo Pordoi, Passo Campolongo und Passo Gardena – überquert. Auch der Valparola Pass ist ein wunderschöner Pass inmitten der Dolomiten. Ich glaube aber, müsste ich mich auf einen Lieblingspass festlegen, wäre es das Würzjoch: Noch nicht so bekannt und deshalb ruhig, verkehrsarm und wunderschön.

In letzter Zeit hat sich das Gravelbiken als neuer Trend herauskristallisiert. Auch du bist begeisterter Gravelbiker – was hat dich dazu gebracht?

Am Anfang haben mir einfach nur die Gravelbikes mit ihren besonderen Reifen sehr gut gefallen. Das war etwas Neues, das ich unbedingt ausprobieren wollte. Ich habe dann einfach mal ein paar Komoot-Strecken mit dem Gravelbike getestet und war erstaunt, wie viel man damit fahren kann! Mit dem Gravelbike kann man einfach vieles verbinden: Es macht nichts, wenn auf einer Tour eine Teer-Strecke von einem Stück Schotter unterbrochen wird. Mit dem Rennrad würde man das nicht fahren und mit dem Mountainbike wäre es vielleicht zu wenig actionreich, aber mit dem Gravelbike ist es perfekt! Dadurch hat man eine ganz andere Reichweite und das fand ich gleich zu Beginn sehr spannend. Jetzt liebe ich die Abwechslung!

Wurde der Gravel-Trend in Alta Badia denn von Anfang an erkannt?

Als das mit dem Graveln hier bei uns begonnen hat, haben alle meine Freunde gesagt „Nein, das hier ist keine Gravel-Region! Wir sind eine Mountainbike- und Rennrad-Region“. Heute muss ich sagen: Die lagen alle falsch! Alle Gravler, die hierherkommen, sind begeistert. Alta Badia verbindet einfach Panorama, Herausforderung und Abenteuerfeeling und bei unseren Gästen kommt das sehr gut an.

Alta Badia liegt ja relativ hoch. Worauf müssen sich Gravelbiker hier einstellen?

Man muss sich bewusst sein, dass man hier nicht die gleichen Distanzen fahren kann wie Zuhause. Wenn man daheim 100 Kilometer fährt, schafft man das nicht automatisch auch in den Dolomiten. Viele Leute kommen hierher und überschätzen sich erstmal. Unsere Region liegt einfach höher und ist sehr steil, das macht das Biken deutlich anstrengender. Mein Tipp daher: Einfach herkommen und mit den einfachen Touren beginnen. Man kann sich dann langsam steigern, aber es bringt nichts, irgendwelchen Kilometern oder Höhenmetern nachzujagen. Die Gäste sind ja auch hier, um Urlaub zu machen und das soll auch das Ziel sein – nicht irgendeine Zahl.

Und welche Tipps hast du in Sachen Ausrüstung?

Das Wichtigste ist definitiv die Übersetzung. Wie gesagt: Hier ist es oft sehr steil, darum sollte man auch eine leichte Übersetzung wählen. Außerdem sollte man darauf achten, etwas breitere Reifen mit grobem Profil zu wählen und mit wenig Reifendruck zu fahren. Das sorgt für mehr Gripp und Komfort im groben Gelände der Dolomiten. Da in den Bergen das Wetter sehr schnell umschwingen kann, sollte man auch immer warme Kleidung einpacken. Sobald die Sonne weg ist, wird es schnell kalt in unserer Höhenlage.

Welche Gravel-Strecke kannst du Bikern, die zum ersten Mal nach Alta Badia kommen, empfehlen?

Hier ist es wie mit den Pässen: Es ist überall schön, eine Lieblingsstrecke gibt es nicht. Eine Gegend, die aber wirklich herausragend schön ist, ist bei den Armentara Wiesen. Das ist nicht weit von uns weg und wirklich toll anzusehen. Die Gegend ist sehr einfach erreichbar und man ist gleich Mitten in der Natur, ohne den touristischen Trubel.

Und so ganz allgemein: Warum sollte man dich unbedingt in Alta Badia besuchen?

Die Antwort ist ganz einfach: Wegen der Dolomiten. Die Bergkulisse ist wirklich wunderschön und generell kann ich die hügelige Landschaft mit den vielen Wiesen und Bauernhöfen sehr empfehlen. Auch die Dörfer hier sind sehr hübsch, da sie recht klein sind und ohne viel Rummel auskommen. Natürlich kann man in Italien und Südtirol auch sehr gut essen, es gibt viele Hütten mit tollen regionalen Speisen. Alta Badia ist eine Kombination aus Natur, Genuss und Action in italienischem Flair – der perfekte Mix für den Urlaub.

Vielen Dank für das nette Gespräch und die tollen Insider-Tipps!